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Fundamentalkraft

Fundamentalkraft

Autor: Paul Schlütter

Wir kennen sie alle – die Personen, die „pausiert“ heben, bei denen aber zu keinem Zeitpunkt im Video auch nur eine Millisekunde erkennbar ist, in der die Hantel tatsächlich stillsteht. Sei nicht diese Person, sei wie Dimitri: https://youtu.be/aDc2-RQOTDQ?t=41


Im Krafttraining gibt es eine Bandbreite an Gründen, warum man Pausen in Bewegung bei bestimmten Übungen plant. In diesem Beitrag möchte ich auf einige davon eingehen und vermitteln, warum ordentliche Pausen im Training ein unabdingbarer Qualitätsnachweis für deinen Fortschritt sind. So dumm ich mir dabei vorkomme eine Pause zu definieren, hier eine Definition: eine Pause ist dann gegeben, wenn die Hantel (und der Körper) in der Bewegung still und regungslos sind. Eine Pause beginnt erst dann, wenn dies erreicht ist und hat dann für die vorgegebene Länge anzuhalten. In meiner Planung gebe ich Längen der Pausen in „Xct“, z.B. 1ct = eine Zählung an, die ca. eine Sekunde halten sollte. Gezählt wird etwa beim Bankdrücken als „21, Press“ mit Drückbewegung auf „Press.“

Nun aber zu den angekündigten Gründen:


Grund 1: Verbesserung motorischer Abläufe oder „Spannungsaufbau“

Eine ordentlich pausierte Bewegung erfordert motorische Kontrolle in den entsprechenden Positionen. Entsprechend können Pausen genau diesen Punkt als Herausforderung darstellen, an die der Körper (und das Hirn) dann anpassen müssen. Sprich: wenn ich beispielsweise eine lange Pause auf der Brust beim Bankdrücken habe, dann bin ich gezwungen, hier die Spannung zu halten und das als Teil des Bewegungsmusters zu erlernen, was direkt zum nächsten Punkt führt:


Grund 2: Wettkampfspezifik

Im KDK gilt dies natürlich ausschließlich fürs Bankdrücken: wer im Wettkampf pausiert drücken können will, der sollte das auch im Training üben. Bankdrückpausen im Wettkampf sind alles andere als standardisiert: von Blinzelpausen in Sheffield zu ich-schreibe-mal-eben-einen-Brief-an-meinen-Bundestagesabgeordneten-Pausen auf einer Bezirksmeisterschaft ist alles dabei. Als Athlet:in obliegt es meiner Verantwortung dafür zu sorgen, dass ich die Fertigkeit habe, mich im Wettkampf an die jeweiligen Gegebenheiten anzupassen. Wenn ich dieser Aufgabe nachkommen will, dann habe ich Sorge dafür zu tragen, ordentliche Qualität bei pausierten Bankvariationen im Training abzuliefern. In meinem Coaching bedeutet das in der Regel, dass alle Langhantelbankvariationen mit vier oder weniger Wiederholungen mit mindestens einer durchschnittlichen Wettkampfpause erledigt werden (zzgl. mindestens einem Tag mit einer längeren Pause). Das erlaubt nicht nur die Entwicklung dieser Fertigkeit, sondern erlaubt auch eine genauere Einschätzung der Leistungsfähigkeit zum Wettkampf hin.


Grund 3: Belastungssteuerung

In meinen Augen ist dies einer der Punkte, der am meisten Missachtung bei pausierten Bewegungen erfährt: eine bestimmte Pausenlänge erfordert eine entsprechende Reduktion in der Last, die ich bewegen kann. Wenn mein 1RM bei der Kniebeuge bei 200kg liegt, dann liegt das 1RM meiner 2ct. Kniebeuge in der Regel bei ungefähr 180-190kg (das variiert individuell recht stark, in meiner Erfahrung kann man pro Sekunde Pause ca. 2-5% abziehen). Bedeutet: vielleicht gibt es einen Grund die tatsächliche Last bei dieser Übung, in diesem Teil meiner Trainingsphase, gering zu halten und jemand hat sich Gedanken dazu gemacht. Wenn ich als Athlet:in jetzt hergehe und diese Pause kürzer mache, dadurch mehr Gewicht bewege, dann fällt dieser Punkt komplett flach. Pausen können auch genutzt werden, um bestimmte Positionen belastbarer zu machen, das findet vor allem in Rehabilitationsphasen Anwendung – entsprechend ist auch in einem solchen Kontext eine schlechte Pause schlichtweg eine schlechte Idee.


Grund 4: Qualität bei Hypertrophietraining

Training bei langen Muskellängen bekommt in den letzten Jahren in der Hypertrophieforschung mehr Aufmerksamkeit – mit Empfehlungen für Pausen bei langen Muskellängen für Isolationsübungen als Ergebnis. Auch wenn die Evidenz hier noch nicht vollständig belastbar ist, sehe ich das als etwas, was man durchaus probieren kann. Hinzu kommt, dass wenn ich mich dazu entscheide, Pausen bei langen Muskellängen bei gewählten Assistenz- und Isolationsübungen zu machen, dann kann ich diese Pausen auch als Standardisierung meiner Wiederholungen sehen. Mehr dazu in Punkt 5.


Grund 5: Standardisierung von Reizen für mehr Vorhersehbarkeit

Ob Pausen bei einer Grundübungsvariation oder einer Isolationsübung – wenn ich lerne konstant gleichmäßige Pausen abzuliefern, dann fällt eine objektivere Auswertung der Trainingsdaten umso leichter. Was ich als Coach sehen will, ist eine gleichbleibende Qualität der Bewegungsabläufe, damit ich die Daten so objektiv wie möglich auswerten kann (auch wenn tatsächliche Objektivität, v.a. in unserem Kontext, sowieso ein naiver Traum bleibt). Wenn ich z.B. zwar einen Fortschritt in der Last einer Übung sehe, dabei aber die Pausen von Woche zu Woche in ihrer Qualität abnehmen, dann kann ich nicht schlussfolgern, dass eine tatsächliche Progression stattgefunden hat. Auch motorische Anpassungen sind dann ausgeklammert.


Damit also mal ein Überblick in die wirklich guten Gründe für vernünftige Pausen im Training: hohe Bewegungsqualität führt zu verbesserten motorischen Abläufen, spezifischerer Leistungsfähigkeit für Wettkämpfe, besserer Belastungssteuerung, mehr Qualität im Hypertrophietraining und objektiverer Auswertung meiner Trainingsdaten. Diese Bereiche überlappen sich signifikant und das ist auch gut so.

Mein Tipp: wenn du dich schwer mit Pausen tust, übe diese vom ersten Warmupsatz an. Filme dich und kontrolliere die tatsächliche Länge deiner Pausen, nutze vielleicht im Satz ein Metronom mit 60bpm, oder lasse dir von einer Person im Training die Pausenlänge in Sekunden laut vorzählen.


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