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Fundamentalkraft

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Autor: Paul Schlütter

Du hast ein Plateau in deinem Training und möchtest dieses überwinden? In diesem Beitrag möchte ich dir drei sportpsychologische Strategien vermitteln, die dir dabei helfen können. Der Witz dabei: selbst, wenn du aktuell kein Plateau haben solltest, können sie dir dabei helfen, deine Leistung positiv zu entwickeln.

Bevor ich in die einzelnen Punkte einsteige ein wichtiger Punkt zu Beginn: diese Strategien können dir helfen, deine Leistung zu entwickeln, allerdings werden sie das nicht tun, wenn wichtigere Faktoren nicht stimmen sollten. Das heißt nicht zwingend, dass Ernährung, Schlaf und Stressmanagement optimal sein müssen, bevor man diese Tools anwendet, aber man sollte sich zumindest in einer grün getönten Grauzone befinden, damit sich hier eine signifikante Wirkung zeigt. Man kann diese Tools als eine zusätzliche Zutat wahrnehmen, die man in seine Leistungssuppe wirft, um den Geschmack abzurunden.


Strategie 1: Selbstgespräche

In meiner Arbeit mit Athlet:innen differenziere ich gern zwischen Gedanken, die mein Hirn unbewusst produziert und Selbstgesprächen: Gedanken, die ich bewusst auslöse. Die Art und Weise wie ich mit mir selbst rede, kann einen signifikanten Einfluss auf meine Leistungsfähigkeit haben (und dabei scheint egal zu sein, ob es sich dabei um Maximalkraftleistungen oder Ausdauerleistungen handelt).

In der Sportpsychologie unterscheiden wir hier grob zwischen instruktionalen und motivationalen Selbstgesprächen. Instruktionale sind solche, die sich eher auf technische Elemente einer Bewegung oder Handlung beziehen, z.B. „Schieb die Knie nach vorn“, oder „Lehn dich rechts in die Kurve.“ Motivationale Selbstgespräche hingegen beziehen sich eher auf Anstrengungsfaktoren bei einer Handlung oder Bewegung, z.B. „Baller die Hantel jetzt hoch“, oder „Ich knall jetzt an dem vorbei.“

Hinzu kommt die Unterscheidung zwischen positiven und negativen Selbstgesprächen, die sich recht simpel erklären lässt: alle Sätze, bei denen ich mehr von etwas haben will, sind positiv, alle, bei denen ich etwas nicht möchte oder etwas verringern möchte, sind negativ.

In den meisten sportlichen Disziplinen zeigt sich, dass die Nutzung von positiven, motivationalen Selbstgesprächen (im Schnitt) Leistungsfähigkeit am meisten steigern kann. Ausnahme davon sind negative Selbstgespräche bei Ausdauerleistungen, bei denen ein gewisses Tempo gehalten werden soll (z.B. Marathon): „Jetzt nicht langsamer werden“ hat sich da leistungserhaltend geäußert, was mit Blick auf das Ziel in dem Kontext als Leistungssteigerung gewertet werden kann.

Für Kraftsport gilt: positive, motivationale Selbstgespräche sind ein guter Anfangspunkt. Wenn ich merke, dass mir einzelne instruktionale Selbstgespräche auch helfen, dann ist das völlig in Ordnung. Ich habe z.B. Athlet:innen, die bei einzelnen Lifts im Wettkampf eine bestimmte Cue nochmal hören wollen, da es ihnen bei ihrer Leistung hilft (z.B. „Zum Kopf!“ beim Bankdrücken). Für einen kleinen Bonus kann man bei motivationalen Selbstgesprächen auch eine übertriebene Metapher einbauen, z.B. „Bei meiner ersten Beuge schieb ich die Hantel ins Weltall.“


Strategie 2: Visualisierung

Ja, da ist sie wieder: die Visualisierung. Auch hier zeigen sich positive Wirkungen auf Leistungserbringung in unterschiedlichsten sportlichen Domänen. Hier brauche ich gar nicht allzu sehr ins Detail gehen, denn dazu gibt es bereits einen eigenen Beitrag: https://fundamentalkraft.de/visualisierung/

In der Kurzfassung: nutze eine Kombination aus Videomaterial und deiner eigenen Vorstellung, um dir zu verbildlichen, wie du deine Ziellast bewegen kannst. Das gibt dir, ohne signifikante körperliche Kosten, die Gelegenheit diese Bewegung so häufig und effektiv zu üben, dass du bereits nach ein paar Wochen Veränderungen im Training merken solltest. Wichtig dabei bleibt die Regelmäßigkeit: wer’s nicht trainiert, wird auch nichts merken.


Fair möchte ich dennoch bleiben: es kann (!) sein, dass einzelne Menschen davon gar keinen Effekt bemerken, das nennt sich Afantasie und betrifft schätzungsweise 3-4% der Bevölkerung. Bedeutet: die Wahrscheinlichkeit, dass es insbesondere dich betrifft, ist eher gering, allerdings nicht null.


Strategie 3: positive selbsterfüllende Prophezeiungen

Die selbsterfüllende Prophezeiung ist ein psychologisches Phänomen, das sich auf verschiedenste Art äußern kann. Das wohl bekannteste Beispiel im Kontext menschlichen Verhaltens ist der Pygmalion-Effekt: wenn Lehrkräfte glaubten, dass bestimmte Schüler viel Potenzial hatten, so haben sie diese auch mehr gefördert (und andersrum ebenso), obwohl diese Einteilung komplett zufällig war.

Im Kontext vom Leistungssport geht es dabei eher darum, welche grundsätzliche Prophezeiung wir uns für unsere Leistungserbringung geben: Glaubenssätze wie „Ich bin halt einfach schlecht gebaut fürs Beugen“, oder „Ich war noch nie für ein hohes Niveau bestimmt“ sind klassische Negativbeispiele, mit denen Menschen sich in ihrer Entwicklung limitieren. Solche Prophezeiungen sorgen dafür, dass wir uns dann auch so verhalten, dass sie in Erfüllung gehen – wir wollen ja unsere eigenen Erwartungen auch erfüllen!

Stattdessen ist es – v.a. im Kontext von Leistungsplateaus – sinnvoll, sich erstmal Gedanken darüber zu machen, welche selbsterfüllenden Prophezeiungen und Glaubenssätze man so über sich selbst hat, um dann im Folgeschritt positivere aufzusetzen.

Aus eigener Erfahrung: nach einer Verletzung am Rücken hatte ich mir lange eingeredet, dass ich schlichtweg kein guter Heber werden kann, weil mein Rücken nicht belastbar sei, ohne dabei zu merken, wie tief sich dieser Glauben festgesetzt hatte. Nachdem mein Heben sich lange nicht verbessert hatte, habe ich diese Prophezeiung konfrontiert und mir die Frage gestellt: warum glaube ich das eigentlich? Ist das wirklich ein Fakt? Zu welchem Anteil sollte das denn überhaupt mein Handeln beeinflussen?

Mit der Zeit habe ich dann für meine Hebeeinheiten eine positive selbsterfüllende Prophezeiung aufgestellt, die ich in meine Selbstgespräche eingebaut habe: „Ich bin ein 300kg+ Heber“ war ein Satz, den ich mir wieder und wieder nicht nur in, sondern auch abseits von Einheiten gesagt habe (laut und leise). Im Anschluss dazu habe ich sie dann auch noch in meine Visualisierungen integriert, indem ich mir vorgestellt habe, wie ich 300kg (und mehr) hebe.

Warum funktioniert das? Weil wir auch dann beginnen, uns im Einklang mit dieser Prophezeiung zu verhalten. Als 300kg+ Heber wollte ich nämlich dann aktiv dafür sorgen, dass meine Ernährung und mein Schlaf vor und nach den Hebeeinheiten besonders gut waren. Am Ende habe ich innerhalb von ca. 10 Wochen einen 20kg PR mit 290kg gehoben – 10kg unter meinem Ziel, allerdings eine heftige Steigerung innerhalb recht kurzer Zeit.


Umsetzung

Hier in Kürze meine Empfehlung für die Umsetzung dieser Strategien für die Überwindung eines Leistungsplateaus:

  1. Reflektiere zunächst darüber, ob du genügend Ressourcen abseits vom Training in deinen Fortschritt investierst (denk an den leichten Grünton im Graubereich)
  2. Beginne damit, deine bisherigen selbsterfüllenden Prophezeiungen zu reflektieren: funktionieren diese für dich? Sind sie zielführend? Wenn nein, dann setze dir neue!
  3. Baue diese Prophezeiung in deine Selbstgespräche und Visualisierungen mit ein und übe diese regelmäßig. Bleibe dabei flexibel darin, was du für deine Leistung brauchst.
  4. Werte gelegentlich aus, ob die Routinen, die du dir damit aufgebaut hast, weiterhin gut für dich funktionieren. Sie sind nicht in Stein gemeißelt, d.h. du kannst sie gut an deine jeweilig aktuellen Bedürfnisse anpassen.

Vielen Dank für’s Lesen 😊

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