Autor: Paul Schlütter
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Feedback ist ein zentraler Bestandteil jeder Trainer:innen-Athlet:innen-Interaktion. Es ist eines der wichtigsten Werkzeuge, um Athlet:innen zu leiten, ihre Leistung zu verbessern und ihr Entwicklungspotenzial auszuschöpfen. Aber nicht jede Form von Feedback führt automatisch zu den gewünschten Ergebnissen. In diesem Beitrag möchte ich eine weitere Perspektive davon aufzeigen, welche Arten von Feedback es gibt, wann sie am effektivsten sind und wie sie die Autonomie sowie die langfristige Entwicklung von Athlet:innen fördern können.
Das Wichtigste in Kürze:
–> Feedback ist nicht nur eine Leistungsbewertung – es sollte auf die Bedürfnisse und Ziele der Athlet:innen abgestimmt sein.
–> Unabhängig davon, ob Feedback positiv, negativ, wertungsfrei oder instruktiv ist, hat jede Form ihre Zeit und ihren Platz.
–> Wertungsfreies Feedback und offene Fragen fördern Autonomie und Selbstwirksamkeit.
–> Ein durchdachter Einsatz von Feedback kann Autonomie fördern und langfristig zur besseren Selbstwirksamkeit und Selbststeuerung führen.
Was macht Feedback wirksam?
Feedback ist kein Selbstzweck – es soll etwas bewirken. Bevor man Feedback gibt, sollte man sich über die jeweilige Intention dahinter im Klaren sein:
- Mit welchem Bedürfnis sucht die Person nach Feedback? Ist es zur Verbesserung ihrer Leistung? Oder könnte es auch andere Beweggründe geben, wie etwa das Bedürfnis nach Bestätigung oder ein Wunsch, unangenehmen Situationen zu entkommen? Welche Bedürfnisse löst das in mir als Trainer:in aus?
- Was möchte ich mit meinem Feedback erreichen? Geht es darum, gezielte Verhaltensänderungen anzuregen, oder eher darum, Reflexion und Autonomie zu fördern?
Der Schlüssel liegt darin, die Bedürfnisse der Athlet:innen zu verstehen und die Rückmeldung an ihren Zielen und ihrer Motivation auszurichten. Wichtig ist dabei auch, dass man die eigenen Bedürfnisse im Blick hat und eine bewusste Entscheidung darüber trifft, ob man diese Raum einnehmen lassen möchte oder nicht.
Arten von Feedback und ihre Wirkung
Hier kann man unterschiedliche Arten von Feedback differenzieren. Dies ist keine in Stein gemeißelte Differenzierung, sondern eine für den Zweck dieses Beitrags gut funktionierende:
1. Positives Feedback
Zum Beispiel: „Gut gemacht!“, „Das war super!“
Geeignet für: Steigerung der Motivation wenn Athlet:innen bereits auf dem richtigen Weg sind. Es ist jedoch wichtig, darauf zu achten, dass diese Art von Feedback nicht inflationär oder unverdient verwendet wird, da es sonst keine klare Orientierung bietet und Athlet:innen sich schnell nicht mehr gehört fühlen.
2. Negatives Feedback
Zum Beispiel: „Das war schlecht.“, „So klappt das nie.“
Risiken: negatives Feedback kann die Leistung und Motivation beeinträchtigen. Es führt oft zu Unsicherheit und größerer Variabilität in der Leistung, was langfristig zu einer fragileren Wahrnehmung der Leistungsfähgikeit führen kann (die schwer aufzuarbeiten ist).
3. Instruktives Feedback
Zum Beispiel: „Etwas weiter auf dem Mittelfuß bleiben.“, „Versuch mal die Hantel tiefer in die Hand zu legen.“
Vorteil: bietet klare Anweisungen und hilft Athlet:innen, gezielte Verbesserungen vorzunehmen. Besonders geeignet für kleine, kurzfristige Anpassungen von Technik.
Nachteil: kann zu einer Abhängigkeit führen, wenn Athlet:innen nicht lernen eigene Lösungen zu finden. Birgt ebenso das Risiko von Versagenswahrnehmung bei Nichterreichung dieser Instruktionen.
4. Wertungsfreies Feedback (Non-Judgmental Information)
Vorteil: bietet klare, beobachtbare Informationen, ohne zu bewerten ob etwas „gut“ oder „schlecht“ war. Dadurch fühlen sich Athlet:innen ermächtigt selbst Entscheidungen zu treffen und ihre Leistung eigenständig zu reflektieren.
Zum Beispiel: „Die Pause war keine Sekunde lang.“, „Die Knie waren nicht gestreckt.“
Autonomie durch Feedback fördern
Empowerment/Ermächtigung durch Feedback ist hier im Fokus. Wertungsfreies Feedback und offene Fragen stärken die Autonomie und Selbstwirksamkeit der Athlet:innen, was langfristig zu besseren Ergebnissen führen kann.
Offene Fragen für Reflexion und Selbststeuerung
Anstatt die Leistung zu bewerten, kannst man durch offene Fragen Athlet:innen ermöglichen ihre eigene Wahrnehmung zu reflektieren:
- Statt: „Hast du die Pause richtig getroffen?“
Frag: „Wie hat sich die Pause für dich angefühlt?“ - Statt: „Das war zu langsam.“
Frag: „Was denkst du, könnte dir helfen, schneller zu werden?“
Offene Fragen schließen Athlet:innen in den Prozess der Selbstreflexion mit ein, was nicht nur das Lernen vertieft, sondern auch die Motivation nachhaltig unterstützt.
Die richtige Balance finden
Nicht jede Situation eignet sich für wertneutrales Feedback. Es gibt Momente, in denen instruktives Feedback oder eine direkte Anleitung effektiver sein kann – etwa in Situationen, in denen:
- die Athlet:innen sich noch in einer frühen Lernphase befinden,
- klare Anweisungen nötig sind, um Verletzungen zu vermeiden,
- Zeitdruck besteht, z. B. während eines Wettkampfes.
Langfristig sollte jedoch das Ziel sein, die Abhängigkeit von instruktivem Feedback zu reduzieren und mehr Raum für Eigenverantwortung zu schaffen.
Der Einfluss von verzögertem Feedback
Auch spannend: verzögertes Feedback kann effektiver sein als sofortiges. Indem man Athlet:innen Zeit gibt ihre eigene Wahrnehmung zu reflektieren, fördert man ihre Fähigkeit selbstständig Lösungen zu finden.
Statt zum Beispiel sofort einzugreifen, eher: „Nimm dir einen Moment, um darüber nachzudenken, wie das gelaufen ist, und lass mich wissen, was du verändern würdest.“
Diese Methode unterstützt das kritische Denken und die Eigenverantwortung der Athlet:innen. Auch eine konkrete Abfrage dessen, was Athlet:innen von einem selbst als Trainer:in brauchen, um das gesetzte Ziel zu erreichen, kann enorm hilfreich sein.
Fazit: Feedback als Werkzeug zur Selbstermächtigung
Effektives Feedback ist weit mehr als ein „gut gemacht“ oder „das war schlecht“. Es sollte immer zielgerichtet sein und sich an den Bedürfnissen und Zielen der Athlet:innen orientieren. Wertungsfreies Feedback und offene Fragen fördern die Autonomie und Selbstwirksamkeit, was nicht nur die Leistunssteigerung nachhaltig unterstützt, sondern auch langfristig unabhängiges Lernen ermöglicht.
Trainer:innen sollten die verschiedenen Arten von Feedback gezielt einsetzen und regelmäßig reflektieren wie sie ihre Rückmeldungen gestalten. Denn das Ziel ist nicht Athlet:innen abhängig von Feedback zu machen, sondern sie zu befähigen selbst Lösungen zu finden – im Training wie auch im Wettkampf.
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